39 Eventualverbindlichkeiten und -forderungen
Die Deutsche Telekom ist im Rahmen ihrer allgemeinen Geschäftstätigkeit an verschiedenen gerichtlichen und außergerichtlichen Verfahren mit Behörden, Wettbewerbern sowie anderen Beteiligten, deren Ergebnisse oft nicht mit Sicherheit vorausgesehen werden können, beteiligt. Zum Abschluss-Stichtag bestehen im Konzern Eventualverbindlichkeiten in Höhe von 0,1 Mrd. € (31. Dezember 2021: 0,1 Mrd. €) und Eventualforderungen in Höhe von 0,0 Mrd. € (31. Dezember 2021: 0,0 Mrd. €), die auf Grundlage der vorliegenden Erkenntnisse und Einschätzungen die Voraussetzungen zum Ansatz in der Bilanz nicht erfüllen. Die Rechtsberatungskosten und die voraussichtlichen Kosten aufgrund negativer Verfahrensergebnisse wurden als Rückstellungen für Prozessrisiken berücksichtigt. Die Deutsche Telekom geht nicht davon aus, dass weitere potenzielle Kosten aus Rechtsberatung und aufgrund von Verfahrensergebnissen wesentliche negative Auswirkungen auf die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Konzerns haben werden. In der oben aufgeführten Summe der Eventualverbindlichkeiten sind ausschließlich Einzelfälle enthalten, die allein betrachtet keine wesentlichen Auswirkungen haben. Für den Fall, dass die Telekom in äußerst seltenen Fällen zu dem Schluss kommt, dass die gemäß IAS 37 geforderten Angaben das Ergebnis des jeweiligen Verfahrens ernsthaft beeinträchtigen können, werden diese Angaben nicht gemacht.
Eventualverbindlichkeiten
Die folgenden Sachverhalte erfüllen auf Grundlage der vorliegenden Erkenntnisse und Einschätzungen nicht die Voraussetzungen zum Ansatz in der Bilanz. Da aufgrund der bestehenden und im Folgenden beschriebenen Unsicherheiten die Höhe der jeweiligen Eventualverbindlichkeiten bzw. die Gruppe von Eventualverbindlichkeiten nicht ausreichend verlässlich geschätzt werden können, sind diese in der zuvor genannten Summe der Eventualverbindlichkeiten nicht enthalten.
Klagen wegen Entgelten für die Mitbenutzung von Kabelkanalanlagen. Im Jahr 2012 verklagte die Kabel Deutschland Vertrieb und Service GmbH (heute Vodafone Deutschland GmbH (VDG)) die Telekom Deutschland GmbH und forderte eine Reduzierung des jährlichen Entgelts für die Nutzungsrechte an Kabelkanalkapazitäten. In einem ähnlich gelagerten Verfahren erhoben die damaligen Unitymedia Hessen GmbH & Co. KG, Unitymedia NRW GmbH und Kabel BW GmbH (heute alle Vodafone West) im Januar 2013 Klage gegen die Telekom Deutschland GmbH und fordern eine auch in die Zukunft gerichtete Unterlassung, mehr als ein jeweils genau beziffertes Entgelt für die Mitbenutzung von Kabelkanalanlagen von den Klägern zu verlangen. Die Klagen wurden vom OLG Frankfurt (VDG) und vom OLG Düsseldorf (Vodafone West) zurückgewiesen und die Revision wurde jeweils nicht zugelassen. Auf die Nichtzulassungsbeschwerden der Kläger hat der BGH die Revision der VDG insoweit zugelassen, als die Klage Ansprüche ab dem 1. Januar 2012 betrifft; die Revision der Vodafone West wurde insoweit zugelassen, als Ansprüche ab dem 1. Januar 2016 betroffen sind. Für die davor liegenden Zeiträume wurden die Klagen rechtskräftig abgewiesen. Mit Urteilen vom 14. Dezember 2021 hat der BGH die Verfahren bezüglich der verbliebenen Ansprüche zur neuen Verhandlung und Entscheidung an die zuständigen Oberlandesgerichte zurückverwiesen. Die VDG hat ihre Klageanträge zwischenzeitlich aktualisiert und beziffert diese nun auf ca. 749 Mio. € zuzüglich Zinsen für den Zeitraum Januar 2012 bis Dezember 2021. Die Klägerin Vodafone West hat ihre Klageanträge ebenfalls aktualisiert und beziffert diese nun auf ca. 418 Mio. € zuzüglich Zinsen für den Zeitraum Januar 2016 bis Juni 2022. Die finanziellen Auswirkungen beider Verfahren können derzeit nicht ausreichend verlässlich geschätzt werden.
Sammelklage im Zusammenhang mit dem Zusammenschluss mit Sprint. Am 1. Juni 2021 wurden vor dem Delaware Court of Chancery eine Aktionärssammelklage (Shareholder Class Action) und eine abgeleitete Aktionärsklage (Derivative Action) gegen die Deutsche Telekom AG, SoftBank, T‑Mobile US und alle unserer damaligen Mitglieder des Verwaltungsrats (Board of Directors) der T‑Mobile US eingereicht. Darin wird geltend gemacht, dass diese mit der ergänzenden Vereinbarung über die Kaufpreisanpassung zur Fusionsvereinbarung und SoftBanks nachfolgender Monetarisierung der T‑Mobile US Aktien ihre Treuepflichten verletzt hätten. Am 29. Oktober 2021 wurde die Klage geändert. Die geänderte Klage richtet sich gegen dieselben Beklagten und gegen dieselben zugrundeliegenden Transaktionen wie in der ursprünglichen Klage, enthält jedoch zusätzlichen Vortrag zu behaupteten Fakten. Die sich aus diesem Verfahren ergebende Klageforderung und das finanzielle Risiko für die Deutsche Telekom können derzeit nicht ausreichend verlässlich geschätzt werden.
Verfahren gegen T‑Mobile US wegen Cyberangriff auf T‑Mobile US im August 2021. Im August 2021 bestätigte T‑Mobile US, Opfer eines kriminellen Cyberangriffs geworden zu sein, von dem Daten von Millionen bestehender, ehemaliger und potenzieller Kunden aus ihren Systemen betroffen waren. Mit Unterstützung externer Fachleute für Cybersicherheit hat T‑Mobile US die Sicherheitslücke für einen unbefugten Zugang zu ihren Systemen lokalisiert und geschlossen. Es wurden die Kunden ermittelt, deren Daten betroffen waren, und entsprechend der bestehenden bundesstaatlichen und nationalen Vorgaben über den Vorfall informiert. Aufgrund des Cyberangriffs sind zahlreiche Verbrauchersammelklagen, darunter auch Massenschiedsverfahren (Mass Arbitrations), gegen T‑Mobile US eingereicht worden. Soweit diese vor Bundesgerichten erhoben wurden, sind sie im Dezember 2021 zu einem Verfahren zusammengefasst worden. Die Kläger fordern Schadensersatz in bisher nicht bezifferter Höhe. Am 22. Juli 2022 hat T‑Mobile US eine Vereinbarung zur Beilegung der bundesgerichtlichen Verbrauchersammelklage in Höhe von 350 Mio. US‑$ abgeschlossen. Darüber hinaus sagt T‑Mobile US zu, in den Jahren 2022 und 2023 insgesamt 150 Mio. US‑$ für Datensicherheit und damit verbundene Technologien auszugeben. Der Vergleich unterliegt noch der endgültigen gerichtlichen Genehmigung. T‑Mobile US geht davon aus, dass der Vergleich der bundesgerichtlichen Verbrauchersammelklage, sofern vom Gericht genehmigt, zusammen mit weiteren Vergleichen, die mit Verbrauchern bereits abgeschlossen wurden oder noch abgeschlossen werden sollen, im Wesentlichen alle bis dato geltend gemachten Ansprüche von aktuellen, früheren und potenziellen Kunden, die von dem Cyberangriff 2021 betroffen waren, abgelten wird. T‑Mobile US hat in diesem Zusammenhang bilanzielle Risikovorsorge in Höhe von insgesamt rund 0,3 Mrd. US‑$ (0,3 Mrd. €) getroffen.
Darüber hinaus wurde im November 2021 eine Aktionärsklage (Derivative Action) gegen die Mitglieder des Verwaltungsrats (Board of Directors) der T‑Mobile US sowie gegen T‑Mobile US als Mitbeklagte erhoben. Diese wurde zwischenzeitlich zurückgenommen. Im September 2022 reichte ein weiterer angeblicher Aktionär eine neue Aktionärsklage gegen die Mitglieder des Verwaltungsrats der T‑Mobile US und T‑Mobile US als Mitbeklagte ein, in der er Ansprüche wegen Verletzung der Treuepflicht im Zusammenhang mit den Cybersicherheitspraktiken der Gesellschaft geltend macht. Das sich hieraus ergebende finanzielle Risiko kann derzeit nicht ausreichend verlässlich geschätzt werden.
Zudem sind Anfragen von verschiedenen staatlichen Behörden, Strafverfolgungsbehörden und anderen Stellen eingegangen, in denen T‑Mobile US vollumfänglich kooperiert. Derzeit kann das sich aus diesen Verfahren ergebende finanzielle Risiko nicht ausreichend verlässlich geschätzt werden.
Verfahren gegen T‑Mobile US wegen Cyberangriff auf T‑Mobile US im Januar 2023. Am 5. Januar 2023 stellte T‑Mobile US fest, dass über eine Programmierschnittstelle (API) von einem Angreifer unberechtigt Kundendaten aus ihren Systemen abgerufen wurden. Basierend auf der vorläufigen Untersuchung der Gesellschaft kann die betroffene API nur auf einen begrenzten Satz von Kundenkontodaten zugreifen, einschließlich Name, Rechnungsadresse, E-Mail-Adresse, Telefonnummer, Geburtsdatum, T‑Mobile-Kontonummer und Informationen wie die Anzahl der Leitungen auf dem Konto und die Tarifmerkmale. Das vorläufige Ergebnis der Untersuchung zeigt, dass insgesamt etwa 37 Mio. aktuelle Postpaid- und Prepaid-Kundenkonten betroffen waren, wobei viele dieser Konten nicht den vollständigen Datensatz enthielten. T‑Mobile US geht nach erster Einschätzung davon aus, dass der Angreifer erstmals ab oder um den 25. November 2022 Daten über die betroffene API abgerufen hat. Die Gesellschaft untersucht den Vorfall weiterhin und hat in Übereinstimmung mit den staatlichen und bundesstaatlichen Anforderungen Personen benachrichtigt, deren Informationen betroffen waren. Im Zusammenhang mit diesem Cyberangriff sind Verbrauchersammelklagen sowie behördliche Anfragen bei T‑Mobile US eingegangen, auf die die Gesellschaft reagieren wird und durch die ihr erhebliche Aufwendungen entstehen können. Das sich hieraus ergebende finanzielle Risiko kann derzeit nicht ausreichend verlässlich geschätzt werden.
Patente und Lizenzen. Wie viele andere große Telekommunikations- und Internetanbieter sieht sich die Deutsche Telekom einer wachsenden Zahl von Streitfällen „zum Recht am geistigen Eigentum“ ausgesetzt. Für die Deutsche Telekom besteht das Risiko der Zahlung von Lizenzgebühren und/oder Schadensersatz; zudem ist die Deutsche Telekom dem Risiko einer Verurteilung zur Unterlassung ausgesetzt, z. B. für den Vertrieb eines Produkts oder für die Nutzung einer Technik.
Kartell- und Verbraucherschutzverfahren. Die Deutsche Telekom bzw. ihre Beteiligungsgesellschaften sieht sich in den einzelnen Ländern kartellrechtlichen Verfahren oder sich daraus ergebenden zivilrechtlichen Folgeklagen ausgesetzt. Diese haben für sich alleine betrachtet keine wesentlichen Auswirkungen. Die Deutsche Telekom hält die Vorwürfe bzw. Schadensersatzforderungen jeweils für unbegründet. Die Verfahrensausgänge sind zurzeit nicht bestimmbar.
Schadensersatzklagen gegen Slovak Telekom infolge einer Bußgeldentscheidung der Europäischen Kommission. Die Europäische Kommission hat am 15. Oktober 2014 entschieden, dass Slovak Telekom ihre Marktmacht auf dem slowakischen Breitband-Markt missbraucht habe, und im Zuge dessen Bußgelder gegen Slovak Telekom und Deutsche Telekom AG verhängt, die im Januar 2015 vollständig bezahlt wurden. Nachdem das Gericht der Europäischen Union im Jahr 2018 die Entscheidung der Europäischen Kommission teilweise für nichtig erklärt und die verhängten Bußgelder um insgesamt 13 Mio. € reduziert hatte, ist der Rechtsweg nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 25. März 2021 erschöpft. Im Anschluss an die Bußgeldentscheidung der Europäischen Kommission haben Wettbewerber Klage vor dem Zivilgericht in Bratislava gegen Slovak Telekom erhoben. Mit diesen Klagen begehren sie die Erstattung eines angeblichen Schadens, der sich aus dem von der Europäischen Kommission festgestellten Missbrauch der marktbeherrschenden Stellung durch die Slovak Telekom ergeben haben soll. Nachdem in der Berichtsperiode eine weitere Klage bei Gericht eingereicht wurde, sind derzeit drei Klagen in Höhe von insgesamt 219 Mio. € zuzüglich Zinsen anhängig. Die finanziellen Auswirkungen können derzeit nicht ausreichend verlässlich geschätzt werden.
Schadensersatzklage gegen Deutsche Telekom AG u. a. wegen Insolvenz von Phones4U. Phones4U war ein unabhängiger britischer Mobilfunk-Vertragshändler, der im Jahr 2014 Insolvenz angemeldet hat. Der Insolvenzverwalter klagt vor dem High Court of Justice in London gegen die seinerzeit auf dem britischen Markt tätigen Mobilfunk-Anbieter und deren Muttergesellschaften wegen vermeintlich kartellrechtswidriger Absprachen und Vertragsverletzung. Die Deutsche Telekom AG als damaliger 50 % Anteilseigner des Mobilfunk-Unternehmens EE Limited hat die Vorwürfe als unsubstantiiert zurückgewiesen. In der Zeit von Mitte Mai bis Ende Juli 2022 fand zur Frage des Anspruchsgrundes die mündliche Verhandlung mit einer Vielzahl von Zeugen und Gutachtern vor dem High Court of Justice in London statt. Phones4U macht nach wie vor Schadensersatz in bislang unbezifferter Höhe geltend. Die finanziellen Auswirkungen können derzeit nicht ausreichend verlässlich geschätzt werden.
Steuerrisiken. Die Deutsche Telekom unterliegt in zahlreichen Ländern den jeweils geltenden steuerlichen Rechtsvorschriften. Risiken können sich ergeben aus Änderungen der lokalen Steuergesetze bzw. der Rechtsprechung und unterschiedlicher Auslegung von existierenden Vorschriften. Sie können sich in der Folge sowohl auf die Steueraufwendungen und -erträge als auch auf die Steuerforderungen und -verbindlichkeiten der Deutschen Telekom auswirken.